Das Konjunktur- und Krisenbewältigungspaket des Koalitionsausschusses – die wichtigsten Maßnahmen

In 2 Tagen und Nächten hat sich der Koalitionsausschuss auf ein 15seitiges Papier geeinigt. Wir stellen Ihnen hier die wichtigsten Einzelpunkte für Unternehmen und Familien im Überblick vor, natürlich mit der Einschränkung, dass erst alles in trockenen Tüchern ist, wenn Bundestag und Bundesrat ihr OK gegeben haben. Zeitlich gesehen verlangt das vor der Sommerpause von den Parlamenten hohen Druck und dann wälzen sich die Maßnahmen in einer Antrags- und Umsetzungsflut der Unternehmen fort.
Der Maßnahmenkatalog im Überblick:
Temporäre Senkung der Mehrwertsteuer
Zur Stärkung der Binnennachfrage in Deutschland soll befristet vom 1.7.2020 bis zum 31.12.2020 der Mehrwertsteuersatz von 19% auf 16% und von 7% auf 5% gesenkt werden. Auf den ersten Blick hört sich das für den Verbraucher gut an. Ob die Unternehmen die Steuersenkung an die Konsumenten weitergeben werden, steht allerdings auf einem anderen Blatt. Denn auf die meisten Unternehmer kommen die Monster von Softwareänderungen, Änderungen in der Rechnungsschreibung, Änderung von Kauf- und Mietverträgen etc. zu.
Deckelung der Sozialversicherungsbeiträge
Durch die Auswirkungen der Corona-Pandemie steigen die Ausgaben in allen Sozialversicherungen. Um eine dadurch bedingte Steigerung der Lohnnebenkosten durch den Ausgabenanstieg der Sozialversicherung zu verhindern, werden die Sozialversicherungsbeiträge bei maximal 40% durch Bundeszuschüsse stabilisiert.
Begrenzung der Stromkosten
Die EEG-Umlage, ein auf die Stromkonsumenten überwälzter Beitrag zur Förderung von Strom aus erneuerbaren Energien, droht 2021 aufgrund des Corona-bedingten Rückgangs der Wirtschaftsleistung stark anzusteigen. Zuschüsse aus Haushaltsmitteln des Bundes sollen deshalb für eine Senkung der EEG-Umlage ab 2021 sorgen.
Die Fälligkeit der Einfuhrumsatzsteuer wird verschoben auf den 26. des Folgemonats. Dies gibt Unternehmen einen Liquiditätseffekt.
Der steuerliche Verlustrücktrag wird – gesetzlich – für die Jahre 2020 und 2021 auf maximal 5 Mio. Euro bzw. 10 Mio. Euro (bei Zusammenveranlagung) erweitert. Es wird ein Mechanismus eingeführt, wie dieser Rücktrag unmittelbar finanzwirksam schon in der Steuererklärung 2019 nutzbar gemacht werden kann, z.B. über die Bildung einer steuerlichen Corona-Rücklage. Die Auflösung der Rücklage erfolgt spätestens bis zum Ende des Jahres 2022.
Degressive Afa
Als steuerlicher Investitionsanreiz wird eine degressive Abschreibung für Abnutzung (AfA) mit dem Faktor 2,5 gegenüber der derzeit geltenden AfA und maximal 25% Prozent pro Jahr für bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens in den Steuerjahren 2020 und 2021 eingeführt.
Körperschaftsteuer
Um die Wettbewerbsbedingungen für Unternehmen zu verbessern, wird das Körperschaftsteuerrecht modernisiert: u.a. durch ein Optionsmodell zur Körperschaftsteuer für Personengesellschaften und die Anhebung des Ermäßigungsfaktors bei Einkünften aus Gewerbebetrieb auf das Vierfache des Gewerbesteuer-Messbetrags.
Mitarbeiterbeteiligung
Um die Potenziale des Kapitalmarkts besser zu nutzen und die Liquidität der Unternehmen zu stärken, werden die Möglichkeiten für Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen verbessert, sich an ihren Unternehmen zu beteiligen. Das soll insbesondere auch für Startup-Unternehmen gelten.
Änderung des Insolvenzrechts
Das Entschuldungsverfahren für natürliche Personen soll auf drei Jahre verkürzt werden, flankiert durch ausreichende Maßnahmen zur Missbrauchsvermeidung. Die Verkürzung soll für Verbraucher befristet sein und das Antragsverhalten der Schuldner soll nach einem angemessenen Zeitraum evaluiert werden, dies auch im Hinblick auf etwaige negative Auswirkungen auf das Zahlungs- und Wirtschaftsverhalten. Im Bereich der Unternehmensinsolvenzen soll ein vorinsolvenzliches Restrukturierungsverfahren eingeführt werden.
Kurzarbeitergeld
Bereits im September soll eine verlässliche Regelung für den Bezug von Kurzarbeitergeld ab dem 1. Januar 2021 vorliegen.
Überbrückungshilfen für KMU
Zur Sicherung der Existenz von kleinen und mittelständischen Unternehmen wird für Corona-bedingten Umsatzausfall ein Programm für Überbrückungshilfen aufgelegt. Das Volumen des Programms wird auf maximal 25 Mrd. Euro festgelegt. Die Überbrückungshilfe wird für die Monate Juni bis August gewährt. Die Überbrückungshilfe gilt branchenübergreifend, wobei den Besonderheiten der besonders betroffenen Branchen wie Hotel- und Gaststättengewerbe, Caterer, Kneipen, Clubs und Bars, als Sozialunternehmen geführte Übernachtungsstätten wie Jugendherbergen, Schullandheime, Träger von Jugendeinrichtungen des internationalen Jugendaustauschs, Einrichtungen der Behindertenhilfe, Reisebüros, Profisportvereinen der unteren Ligen, Schaustellern, Unternehmen der Veranstaltungslogistik sowie Unternehmen im Bereich um Messeveranstaltungen angemessen Rechnung zu tragen ist.
Antragsberechtigt sind Unternehmen, deren Umsätze Corona-bedingt in April und Mai 2020 um mindestens 60 % gegenüber April und Mai 2019 rückgängig gewesen sind und deren Umsatzrückgänge in den Monaten Juni bis August 2020 um mindestens 50 % fortdauern. Bei Unternehmen, die nach April 2019 gegründet worden sind, sind die Monate November und Dezember 2019 heranzuziehen.
Erstattet werden bis zu 50 % der fixen Betriebskosten bei einem Umsatzrückgang von mindestens 50 % gegenüber Vorjahresmonat. Bei einem Umsatzrückgang von mehr als 70 % können bis zu 80 % der fixen Betriebskosten erstattet werden. Der maximale Erstattungsbetrag beträgt 150.000 Euro für drei Monate. Bei Unternehmen bis zu fünf Beschäftigten soll der Erstattungsbetrag 9.000 Euro, bei Unternehmen bis 10 Beschäftigten 15.000 Euro nur in begründeten Ausnahmefällen übersteigen. Geltend gemachte Umsatzrückgänge und fixe Betriebskosten sind durch einen Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer in geeigneter Weise zu prüfen und zu bestätigen. Überzahlungen sind zu erstatten. Die Antragsfristen enden jeweils spätestens am 31.8.2020 und die Auszahlungsfristen am 30.11.2020.
Ausbildungsförderung
KMU, die ihr Ausbildungsplatzangebot 2020 im Vergleich zu den drei Vorjahren nicht verringern, erhalten für jeden neu geschlossenen Ausbildungsvertrag eine einmalige Prämie in Höhe von 2.000 Euro, die nach Ende der Probezeit ausgezahlt wird. Solche Unternehmen, die das Angebot sogar erhöhen, erhalten für die zusätzlichen Ausbildungsverträge 3.000 Euro. KMU, die ihre Ausbildungsaktivität trotz CoronaBelastungen fortsetzen und Ausbilder sowie Auszubildende nicht in Kurzarbeit bringen, können eine Förderung erhalten.
Grundsicherung
Der vereinfachte Zugang in die Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II) wird über die bisherige Geltungsdauer hinaus bis zum 30. September 2020 verlängert.
Kunst und Kultur
sollen zur Wiederaufnahme ihrer Häuser und Programme ertüchtigt werden. Daher wird ein Programm zur Milderung der Auswirkungen der CoronaPandemie im Kulturbereich aufgelegt, aus dem insbesondere die Erhaltung und Stärkung der Kulturinfrastruktur, Nothilfen, Mehrbedarfe von Einrichtungen und Projekten und die Förderung alternativer, auch digitaler Angebote gefördert werden sollen.
Forstwirtschaft
Für den durch die Coronakrise und die Trockenheit betroffenen Holzmarkt soll der Forstwirtschaft ein Bundesbudget von 700 Millionen zugute kommen für die nachhaltige Bewirtschaftung der Wälder einschließlich der Förderung der Digitalisierung in der Forstwirtschaft und die Unterstützung von Investitionen in moderne Betriebsmaschinen. Auch die Förderung der stärkeren Nutzung von Holz als Baustoff soll erfolgen.
Familien und Kinder
Mit einem einmaligen Kinderbonus von 300 Euro pro Kind für jedes kindergeldberechtigte Kind werden die besonders von den Einschränkungen betroffenen Familien unterstützt. Dieser Bonus wird mit dem steuerlichen Kinderfreibetrag vergleichbar dem Kindergeld verrechnet. Er wird nicht auf die Grundsicherung angerechnet.
Für Kitas und Schulen wird ein Investitionspaket zur Modernisierung aufgelegt. So sollen alle Schulen in die Lage versetzt werden, Präsenzunterricht in der Schule und E-Learning zu Hause miteinander zu verbinden.
Alleinerziehende
Auf Grund des höheren Betreuungsaufwand gerade für Alleinerziehende in Zeiten von Corona und den damit verursachten Aufwendungen wird befristet auf 2 Jahre der Entlastungsbeitrag für Alleinerziehende von derzeit 1.908 Euro auf 4.000 Euro für die Jahre 2020 und 2021 angehoben und damit mehr als verdoppelt.
Zukunftspaket
Für sogenannte Zukunftsinvestitionen sind insgesamt 50 Mrd. € vorgesehen. Der Koalitionsausschuss formuliert dazu einen ganzen Strauß von Maßnahmen für die Digitalisierung, 5G-Netze, Ladesäulen-Infrastruktur, für E-Autos inkls. kompletter Flottenaustausche sowie Forschung und Entwicklung im Bereich Elektromobilität und Batteriezellfertigung. Die Prämien für den Kauf von Elektroautos werden temporär verdoppelt. Die von der Automobilindustrie geforderten Kaufprämien für neue PKWs fanden keine Mehrheit bei der Abstimmung. Die Branche wurde vertröstet mit der preissenkenden Wirkung der Mehrwertsteuer.